Heute ist die Zeit verschwunden

Heute ist die Zeit verschwunden
hat dem Dasein Platz gemacht
was im Wandel sich befunden 
ist verwundert aufgewacht

Zahnräder im Hartholz-Korpus
sind ihre Gewichte los
Janus wandert in den Orcus
harter Wandel, schlichtes Los

Heute bin ich unbeschränkt
von Wünschen, Ängsten, Druck und Sorgen
das, was mich vom Jetzt ablenkt
verschiebe ich getrost auf morgen

Kellerleichen, Kindheitsdramen
alte Wunden oder Narben
die mich manchmal überkamen
hab im Gestern ich vergraben

Heut zeig ich mich nackt und pur
weil`s sich so besser laufen lässt
und ich trag ein Lächeln nur
doch hab ich´s mir nicht aufgesetzt

Meine Panzer hatten Ketten
meine Masken waren starr
wie die Mienen von Skeletten
Mimenspiel auf dem Basar

Und auch heut gibt’s böse Blicke
gibt es Kälte, Wind und Regen
gibt’s Verrat und List und Tücke
doch ich wehr mich nicht dagegen

Lieber wein ich eine Träne
schluchze einen Atemzug
weil ich mich nach Wahrheit sehne
heute bin ich stark genug

Heute such ich deine Nähe
deine Wärme, deinen Blick
und was immer ich da sehe
geb ich ich ehrlich dir zurück

Einen Augenblick verbunden
lass ich dich gleich wieder los
hab die Einheit gern empfunden
aber frei bin ich und groß

Dort im Nest liegt meine Schale
und da vorne liegt mein Weg
und ein Wind zieht auf vom Tale
her, der meine Flügel trägt

Lässt mich seine Kämme reiten
ohne Schirm und ohne Netz
eine Uhr sieht dem befreiten
Kuckuck zu beim Flug im Jetzt…

Symerion Silberzunge

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